Papierfachtagung 2024 – Zusammenfassung der Vorträge
Dr. Mario Vollmer
Koehler Holding SE & Co. KG
Aktuelle Herausforderungen in der Papierindustrie
2023 verzeichnete die Papierindustrie in Deutschland ein Produktionsrückgang von 13,3 % im Vergleich zum Vorjahr. Die Gründe hierfür sind divers, sind in Summe jedoch ein Resultat der jüngsten Krisen. Doch in jeder Krise steckt auch eine Chance. Die größte Chance der Papierindustrie liegt in der wahrhaften Zirkularität unseres Produkts – dem Papier. Um das hieraus resultierende Potential zu nutzen, gilt es als Industrie gemeinsam nachhaltige, zukunftsfähige Wertschöpfungskreisläufe aufzubauen und zu sichern.
Innovationen braucht es sowohl auf der Produkt- als auch auf der Prozessseite. Recyclingprozesse müssen an aufkommende neue Papieranwendungen angepasst werden, um die Zirkularität neuer Produkte zu gewährleisten und die benötigten Mengen an Ausgangsrohstoff für Recyclingpapiere zu sichern.
Die Herstellungsprozesse in der Papierindustrie zählen zu den energieintensivsten. Die Transformation hin zu einer treibhausgasneutralen Produktion erfordert es, die Energiesysteme ganzheitlich zu analysieren und zu optimieren. Hierbei muss stets zuerst die Energieeffizienz auf Komponenten und Systemebene gesteigert werden, um den Energieverbrauch der Fabriken zu minimieren. Die verbleibende, minimale Energiemenge muss anschließend ganzheitlich im Zusammenspiel aus Energieerzeugung, -verteilung und -verbrauch auf regenerative Energien umgestellt werden.
Zusammenfassend ist die Papierindustrie aktuell mit zwei zentralen Herausforderungen konfrontiert: Zum einen müssen neue, zirkuläre Produktinnovationen für zukunftsfähige Märkte entwickelt werden und zum anderen gilt es eine nachhaltige, treibhausgasneutrale Fertigung dieser Produkte zu etablieren.
Wasserstoff zur Dekarbonisierung der Industrie: Perspektive der EnBW als Energieversorger
Die Energiewende bringt für die Papier- und Verpackungsindustrie neue Herausforderungen mit sich. Mit dem Ziel, Klimaneutralität zu erreichen, gewinnt Wasserstoff als Mittel zur Dekarbonisierung zunehmend an Bedeutung. Jara Abu Tayeh wird in ihrem Vortrag „Wasserstoff zur Dekarbonisierung der Industrie: Einblicke aus der Perspektive der EnBW als Energieversorger“ ihre Sicht auf die Umstellung zu einem wasserstoffbasierten System darlegen. Als Managerin im Top-Projekt Wasserstoff spielt sie eine Schlüsselrolle in der strategischen Entwicklung dieses Bereichs bei EnBW und treibt den Ausbau des Wasserstoffgeschäfts voran.
Die EnBW, ein erfahrener Akteur in der Energiebranche, ist ein entscheidender Treiber der Wasserstoffzukunft. Durch die Zusammenarbeit mit Tochterunternehmen wie VNG und Naturenergie AG hat der Infrastrukturanbieter bereits zahlreiche regionale und lokale Wasserstoffprojekte initiiert. Diese Projekte dienen dem Testen von Wasserstofftechnologien im realen Betrieb und der aktiven Gestaltung des nationalen Wasserstoffmarktes. EnBW bereitet sich auf die Transformation des Gassegments über die gesamte Wertschöpfungskette vor: von Transport, Speicherung, Erzeugung bis hin zu Vertrieb, Verteilung und Nutzung. Dadurch unterstützt EnBW, gemeinsam mit ihren Tochtergesellschaften, ihre Kunden auf dem Weg zur Klimaneutralität und trägt zur Versorgung von Baden-Württemberg mit Wasserstoff bei.
Konferenzteilnehmende erhalten einen detaillierten Einblick in die Transformation des Gassegments, illustriert durch konkrete Projekte innerhalb des EnBW-Konzerns. Zudem wird ein besonderer Fokus auf die Nutzung von Wasserstoff in der Strom- und Wärmeerzeugung gelegt, wobei die EnBW sowohl die Perspektive eines Wasserstoffverbrauchers als auch die Herausforderungen der Industrie für eine erfolgreiche Transformation beleuchtet. Ein wesentlicher Aspekt des Vortrags ist der Transport von Wasserstoff, von der europäischen bis zur lokalen Ebene in Baden-Württemberg, einschließlich der Herausforderungen beim Übergang zu einer klimaneutralen Gasinfrastruktur.
Jara Abu Tayeh
EnBW Energie Baden-Württemberg AG
Dr. Hermann Schwarz
Siemens Energy AG
Grüner Wasserstoff für die Zellstoff- und Papierproduktion als Basis zur energetischen Versorgung und Treibstoffgewinnung
Die Zellstoff- und Papiererzeugung steht als energieintensive Industrie durch die kurz getaktete Transformation in eine karbonneutrale Industrie einer großen Herausforderung gegenüber. Zwar hat die Industrie wegen der biogenen Rohstoffbasis und der sich teilweise daraus ergebenden biogenen Energieerzeugung im Vergleich zu anderen energieintensiven Industrien eine bessere Ausgangslage, trägt aber immerhin noch 2% zu der globalen GHG (Green-House-Gas) Emission bei. Eine Alternative von den fossilen Energieerzeugern auf die erneuerbare Energiegenerierende zu kommen ist der auf grünem Wasserstoff basierte Pfad. Der Wasserstoff kann als Energieerzeuger, -speicher als auch Brennstoffzwischenprodukt sowohl zur thermischen als auch elektrischen Energieerzeugung dienen.
Dieses Konzept hin zu einer grünen Wasserstoffinfrastruktur wird global befürwortet und durch hohe Investmentprogramme gefördert. Für die Zellstoff- und Papierindustrie, die sowohl auf die thermische- als auch elektrische Energieerzeugung angewiesen ist, ist dieser favorisiert.Daher gibt es bereits in der Zellstoff- und Papierindustrie Pilotprojekte und Konzepte für verschiedene Papiersorten, die den Wasserstoffkonzept folgen. Diese lassen aber auch erkennen, daß bestehende Wege fortgeführt werden können, wie das Gas- und Dampf (GuD) Anlagen Konzept mit seinem hohen energetischen Wirkungsgrad. Diese GuDs haben einen hohen Anteil in Papierproduktionen, die für die Wasserstoff basierte Energieerzeugung Stück für Stück nach Grad des Übergangs zur „grünen Wasserstoffwirtschaft“ angepasst werden.
In der Präsentation gehe ich auf den Status quo innerhalb der Zellstoff- und Papierindustrie ein, zeige Beispiele der biogenen Wasserstoffprojekte und u.a.- informiere über den stufenweisen Grad der vorzunehmenden Anpassungen an Gasturbinen bis zu einem 100%igen Wasserstoffbetrieb.
Über Siemens-Energy: Die Energietransformation ist die größte Herausforderung, die unsere Generation betrifft. Wie können wir Emissionen reduzieren, während gleichzeitig der Energiebedarf steigt? Es ist ein Kampf auf dem Weg zum Gipfel und es gibt nicht den goldenen Weg dazu, aber Lösungen zu finden liegt in unserer DNS seit wir nun mehr als 150 Jahren unsere Ingenieure die globale Elektrifizierung vorantreiben. Heute sind wir eine Gemeinschaft aus 96.000 Mitarbeitern, die die gleiche Passion, Vision sowie Werte teilt. Unsere Vielseitigkeit macht uns stark und hilft uns die richtigen Antworten mit unseren Partnern zu finden.
Man findet uns in 90 Ländern, Siemens Energy beschäftigt sich mit der gesamten Bandbreite zum Thema Energie. Von der konventionellen bis zu der erneuerbaren Energieerzeugung, von der Netztechniktechnologie zur Speicherung sowie zur Elektrifizierung komplexer industrieller Prozesse.
Unsere Mission ist die Unterstützung von Firmen und Ländern mit dem notwendigen Equipment zur Klimagasreduzierung und Energie sicher, leistungsfähig und nachhaltig zu gestalten. Let’s energize society!
Energie-Einsparpotenziale in der Stoffaufbereitung
Das Thema energieeffiziente Stoffaufbereitungsmaschinen ist neben gutmütigen und robusten Betriebseigenschaften schon seit langer Zeit ein wichtiger Treiber für Neuentwicklungen im Anlagenbau für die Papierindustrie.
Im Zuge sowohl des starken Wachstums des Verpackungspapiersektors auf Basis von Recyclingpapieren als auch des Klimawandels, werden die Anstrengungen hier Fortschritte zu machen deutlich verstärkt.
Einleitend mit dem Wachstum der Produktionskapazität in den letzten Jahren werden im Rahmen des Vortrages prozesstechnische Grundlagen für die Energieeinsparung anhand der BlueLine Stoffaufbereitungsanlagen thematisiert.
Konkrete Möglichkeiten, wie auf Prozess- und Maschinenebene Energie eingespart werden kann, wird sowohl anhand grundsätzlicher Erwägungen als auch anhand von Beispielen wie der Cleaneranlage und des Scheibenfilters dargestellt.
Neben dem Maschinen- und Anlagenbau bergen Themenfelder rund um IIOT 4.0 die bei Voith im Rahmen der Initiative zur Autonomen Stoffaufbereitung vorangetrieben werden weiteres signifikantes Einsparpotenzial. Das OnView Energy Modul und das OnControl Pulping Modul sind hier zukunftsweisende Beispiele.
Axel Gommel
J.M. Voith SE & Co. KG